Da war ich in Spuckweite zur Grenze nach Panamá und dann musste ich zurück in die Hauptstadt, weil die Ticabus-Jungs meinten, ich könnte nicht auf dem Weg zusteigen.
Den gleichen Weg hatte eine Französin, geschätzte 22 Jahre jung und ich nenne sie im folgenden Frenchie Vollpfosten.
Bei allen preiswerten Bussen ist es in ganz Zentralamerika üblich, dass sie überall für Fahrgäste anhalten. Zum Ein- und Aussteigen. Ein tolles Konzept! Nur Gott allein weiß wie viele (Schul)Busse ich so nicht verpasst hätte. Egal, wichtig ist, dass man hier noch Älteren und Frauen seinen Sitz anbietet. Irgendwie muss der Mann ja für sein Machogehabe Wiedergutmachung leisten.
>Frenchie Vollpfosten saß an einem Fensterplatz und irgendwann war es soweit und sie räumte den von ihrem Gepäck blockierten Sitz frei.
Daraufhin setzte sich ein gut 55 jähriger Junggeselle neben sie und versuchte mit ihr ins Gespräch zu kommen.
Das nahm sie freudestrahlend an.
Und damit war es auch schon ziemlich schnell um den Herren geschehen.
Ihre Nettigkeit, Freundlichkeit missverstand er als Zuneigung und er legte sich ins Zeug.
Besonders weil er ihr ins Ohr flüstern durfte, sprich sie ihn in ihre Intimdistanz eindringen ließ.
Der Bus hielt mehrmals und alle Fahrgäste stiegen aus, um sich für ein paar Minuten die Beine zu vertreten.
Beim Wiedereinstieg hätte sie sich einfach umsetzen, ihm eine non-verbale Abfuhr erteilen können.
Tat sie aber nicht.
San José liegt deutlich höher als die Küstenregion aus der wir kamen, entsprechend wurde es frisch. Da ergriff der Rosenkavalier die sich ihm bietende Gelegenheit beim Schopfe, zauberte eine Decke aus einer seiner Tüten und bedeckte mit dieser ihre und seine Beine. Sie bedankte sich freundlich lächelnd.
Na, wenn doch alles so gut läuft, dann wäre er doch ein Narr, wenn er nicht in die Vollen geht. Und in die ging er dann auch. Zuerst legte er seinen Kopf auf ihre Schulter und da keine unmissverständliche Zurückweisung kam, knutschte er sie auf die Wange. Dem Leser entfährt jetzt hoffentlich - ähnlich wie mir im Bus - ein WTF??. Von ihr kam eine jegliche Schärfe vermissende Zurückweisung und in der Folge konzentrierte sie sich aufs Musikhören.
Mit Beginn der letzten Etappe legte er sich dann nochmals ins Zeug. Ließ sie ihren Namen auf ein Stück Pappe notieren und erzählte ihr irgendwas zur Landschaft, was sie freundlich lächelnd entgegen nahm. Der Kopf wurde wieder angelehnt, nur dieses Mal legte er dann seinen Arm auf ihre Schultern. Für eine gute Weile, ehe er ihn zurück zog, um ihr einen erneuten Schmatzer auf die Wange zu geben. Davon gab es dann noch zwei, drei mehr, bis sie mit ihrem Oberkörper nach vorne wegtauchte und zu ihrer Musik sang. So, dass es auch ich eine Reihe hinter ihr wahrnehmen konnte.
Etwas später kam eine Frage von ihm und anstelle ihn nun verdammt nochmal endlich abzuweisen, gab es wieder ein freundliches Lächeln. Damit waren die vorausgegangenen halbgaren Zurückweisungen natürlich wieder zunichte gemacht. Was soll sich der Kerl schon anderes denken als “die ‘Zurückweisungen’ vorhin hat sie mit Sicherheit nicht so gemeint, sonst würde sie mich doch nicht so freundlich anlächeln”. So halb zum Abschied gab es nochmal einen aufgezwungenen Ausdruck seiner Zuneigung. Aber immerhin hat es beim Aussteigen auf seiner Seite Klick gemacht und ihm wurde bewusst, dass er da seine Hoffnungen begraben muss.
Nachdem wir unser Gepäck wieder hatten, sprach ich sie auf die ganze Sache an und sie meinte doch allen Ernstes:
I’m a big girl. I can look after myself. I can scratch and bite and fight and I had everything under control.
Letzteres brachte sie besonders dadurch zum Ausdruck, als sie sich singend sonst wohin wünschte.
Während der gesamten Busfahrt gab es von ihr kein einziges FUCK OFF. Das geht selbst non-verbal ganz einfach. Bitch face aufsetzen und ignorieren. Wenn dann doch noch etwas kommt, kann man jemanden mit seinem Blick töten oder schroff anfahren. Aber von ihrer Seite kam da überhaupt nichts.
Mit ihrem bescheuerten Verhalten hat sie natürlich allen reisenden Frauen einen Bärendienst erwiesen.
Denn es gibt jetzt mindestens einen Mann, der gelernt hat, wenn ausländische Frauen nein sagen, muss Mann nur hartnäckig genug bleiben.
Und wer weiß wie oft Frenchie der Vollpfosten noch Bus fährt…
Man soll niemanden etwas Schlechtes wünschen, aber dir FrenchieVollpfosten wünsche ich, dass du diese Busfahrt immer und immer wieder im Kopf durchspielst, bis du kapierst, was du da alles falsch gemacht hast.
Damals in Costa Rica auf der Fahrt von Puerto Jiménez nach San José als dich ein alter Lüstling mehrmals abgeknutscht hat.
Pro-Tipp
Bei Fensterplätzen im Bus muss man für Schwangere, Ältere und Frauen mit Kindern i.d.R. nicht aufstehen.